findet der Raiffeisen-Campus zunehmend. Das innovative Schulkonzept und der gleichzeitig konservative Ansatz, ein Gymnasium als gute Vorbereitung auf ein universitäres Studium zu begreifen und entsprechend zu gestalten, verhilft uns vermehrt zu Anfragen aus dem Bereich der Medien. Wir freuen uns darüber, fühlen aber zugleich die Verpflichtung, den Gästen, die unser Haus besuchen, zu verdeutlichen, dass der Raiffeisen-Campus seinen Erfolg am Jahr 9 misst und nicht am Jahr 1. Das Jahr 9 ist deshalb bedeutsam, weil dann ersichtlich werden wird, dass wir tatsächlich unsere Lernerinnen und Lerner in besonders guter Weise auf ihr Leben auf und nach der Universität vorbereitet haben. Und daran arbeiten wir jeden Tag. Und freuen uns dennoch über so positive Presse wie den ganzseitigen Artikel aus der Genossenschaftlichen Allgemeinen im November 2012. Doch lesen Sie selbst im folgenden Text oder mit allen Bildern im Download:
Smartboard statt Kreidetafel
Im Westerwald geht das private Gymnasium „Raiffeisen-Campus“ neue Wege įSteter Zuwachs bei nichtstaatlichen Schulen Wirges. Für einen Augenblick ist man irritiert. „Liebe Lernende, schön, dass ihr da seid!“, begrüßt Klassenleiterin Patricia Salvador die Kinder der fünften Klasse. An ihrem ersten Schultag machen die Jungs und Mädchen die Augen groß vor Aufregung, Anspannung und Freude. Alles so neu hier. Schüler sind sie, aber auf dem Raiffeisen-Campus werden sie Lernende genannt. Hier, in dem Ganztagsgymnasium im Westerwälder Wirges, ist einiges anders als anderswo. Vor einem Jahr ist die innovative Privatschule, die genossenschaftlich getragen wird, gestartet. Mit Erfolg. Die Nachfrage ist enorm. „Schnell gab es mehr Anmeldungen als Plätze. Wir sind sehr zufrieden“, sagt Schulleiter Bernhard Meffert und schiebt gleich nach: „Aber das sind nur nackte Zahlen. Schön ist, dass die Kinder, Eltern und Lehrer stolz sind, Teil dieser Schule zu sein.“ Der 42-jährige Meffert unterrichtet selbst Englisch, Theologie und Sozialwissenschaften und ist trotz Büroarbeit nah an den Menschen auf dem Campus: „Uns ist wichtig, dass sich die Lernerinnen und Lerner zu frei denkenden, verantwortungsbewussten Persönlichkeiten entfalten.“ Schon wieder. „Lernerinnen und Lerner“. Für Außenstehende bleibt es ungewohnt. Aber „Schüler“ klingt dem Team vom Raiffeisen-Campus wohl zu sehr nach Schule alter Machart. Und neu und anders wollen sie hier unterrichten: „Wir denken vom Lerner her und nicht an seiner Stelle.“ Selbstverantwortung und Selbstorganisation – die Ideen des Namensgebers, des Westerwälders Friedrich Wilhelm Raiffeisen, prägen den Stundenplan: Eigene Arbeitsphasen, Lernzeit genannt, und Fachunterricht wechseln sich ab. Mittags essen alle gemeinsam und nach einer ausgiebigen Pause stehen auch am Nachmittag Unterricht, Lernzeit und Hobbys an. Das ist dem Schulleiter wichtig. Das pädagogische Profil orientiere sich an den Gedanken von Raiffeisen und an christlichen Werten, die Schule ist jedoch keiner Kirche zugeordnet. Wie im Westerwald sprießen deutschlandweit neue Schulen und diese freien, nicht staatlichen Bildungseinrichtungen haben steten Zuwachs. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gab es im letzten Schuljahr 3.373 allgemeinbildende und 2.038 berufsbildende freie Schulen. Insgesamt ist ein Wachstum von 7,9 Prozent innerhalb der letzten drei Jahre zu verzeichnen. Auch die Zahl der Schüler an freien Schulen hat, trotz insgesamt sinkender Schülerzahlen, zugenommen. Mittlerweile besuchen in Deutschland mehr als 960.750 Schüler eine freie Schule. Das ist ein Plus von 3,7 Prozent innerhalb der letzten drei Jahre. Bei insgesamt rund 11,5 Millionen Schülern in Deutschland ist damit jeder Zwölfte bei einer freien Schule eingeschrieben. Damit liegt Deutschland allerdings weit hinter anderen OECD-Ländern. In Spanien besucht jedes dritte Kind eine Privatschule, im OECD-Durchschnitt gehen 14 Prozent aller Schüler auf eine allgemeinbildende Schule in freier Trägerschaft. Während in anderen Ländern der Besuch von Privatschulen wesentlich üblicher ist, ist das Thema hierzulande durchaus ideologisch aufgeladen. Einige Gegner wettern gegen „Elite- Ghettos der Reichen“ und manche Befürworter sehen in Freien Schulen die einzige „Rettung vor dem Pisa-Elend“. Aber sowenig, wie alle Regelschulen dumpfe Verwahranstalten und Büffelfabriken sind, so wenig haben alle Privatschulen einen „Beverly-Hills-Charakter“ fern der übrigen Bevölkerung. Im Durchschnitt nehmen Privatschulen 120 bis 200 Euro an monatlichen Gebühren. Das junge Gymnasium im Westerwald liegt voll im Schnitt. Da der Raiffeisen- Campus in den ersten Jahren keine staatliche Unterstützung erhält – das ist in der Testphase von Privatschulen üblich –, finanziert sich die Privatschule in Wirges unter anderem durch Spenden der Eltern. 190 Euro sind es im Monat. „Die Zahlung ist aber kein Aufnahmekriterium. Das würde auch nicht zu unserem Profil passen“, stellt Schulleiter Meffert klar. Wo die Spende nicht möglich ist, helfen Stipendien. Zwei solcher Stipendien hat die heimische Westerwald Bank übernommen. „Bildung ist Grundvoraussetzung dafür, dass junge Menschen ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Dabei liegen uns insbesondere solche Initiativen am Herzen, die sich gezielt der Zukunft der Jugendl ichen hier in der Region widmen“, erklärt Wilhelm Höser, Vorstandssprecher der Bank, das Engagement. Neben der Westerwald Bank gehören auch die Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) aus Montabaur und die Koch-Gruppe zu den heimischen Sponsoren, außerdem unterstützen die WGZ BANK und die DZ BANK als Zentralinstitute des genossenschaftlichen Finanzverbundes die Schule. „Bildung ist der einzige nennenswerte Rohstoff, den Deutschland im 21. Jahrhundert hat. Für unsere Kinder ist ein gutes Bildungsangebot unverzichtbar“, sagt Werner Böhnke, Vorstandsvorsitzender der WGZ BANK. Unerwartete Unterstützung für ebendiese Förderung von Kindern in nichtstaatlichen Schulen hat jüngst die Süddeutsche Zeitung ausgemacht: Das neue Buch ,,Ausweg Privatschulen“ von Christian Füller sei ein „beeindruckendes Plädoyer für all die Schulen in freier Trägerschaft, die es in Deutschland gibt, für ihren pädagogischen Reichtum genauso wie für den Mut und das Engagement, mit dem sie größtenteils betrieben werden“, schreibt die Süddeutsche Zeitung und betont: Autor Füller sei Bildungsredakteur der tageszeitung und „ja, die taz ist ziemlich links“. Alte Muster, so scheint es, scheinen in der Privatschule-Debatte doch nicht mehr zu gelten. Es geht um Qualität. Meint auch Schulleiter Meffert im Westerwald. „Wir verfolgen ein praxis- und leistungsorientiertes sowie wertebewusstes Lehr- und Lernkonzept“, erklärt er. Eine Mischung aus Neuem und Bewährtem: „Was bringt es, den ,Panther‘ von Rilke oder die ,Glocke‘ von Schiller zwar aufsagen zu können, was durchaus sinnvoll ist, aber mit dem Inhalt des Gedichtes nichts anfangen zu können? Erst wenn beides zusammenkommt, Wissen und Kompetenz, darf man das Ergebnis zu Recht Bildung nennen“, meint der Pädagoge. Zurück an dem Ort der Bildung, ein Blick ins Klassenzimmer: Hier stehen besonders leichte Tische mit Rollen. Blitzschnell schieben die Lerner sie für die Gruppenarbeit zusammen und genauso schnell für die konzentrierte Einzelarbeit wieder auseinander. Die alte Kreidetafel bekommt Konkurrenz: An der Wand hängen elektronische Smartboards. Die modernen Wandtafeln, angeschlossen am Computer, sind Tafel, Internet, Audiound Videogerät in einem. Daneben steht eine Dokumentenkamera. Dr. Jens Feld, Lehrkraft und Vorstand der Schule, zeigt im naturwissenschaftlichen Unterricht, wie es geht: Die gesammelte Probe aus einem nahe gelegenen Biotop erscheint an der elektronischen Tafel, Wasserkäfer und Kaulquappen sind für alle sichtbar markiert. Ohne Smartboard hätten sich höchstens fünf Kinder gleichzeitig die Tiere in dem kleinen Behälter ansehen können. Die modernen Geräte machen für Direktor Meffert allerdings nicht automatisch den Unterricht gut: „Die Ausstattung macht guten Unterricht möglich.“ Entscheidend sind die Lehrer und ihr Engagement. Zehn unterrichten aktuell am Raiffeisen-Campus und es werden immer mehr. Neben den gewöhnlichen Schultagen gibt es hier im Westerwald auch viele außergewöhnliche: den Big-Apple- Day zum Beispiel. Gemeinsam pflückten die Kinder Äpfel, brachten sie zur Mosterei und verkauften den Apfelsaft an Familien, um den Gewinn an die Tafel Montabaur zu stiften. Vorhang auf und Manege frei hieß es für den guten Zweck beim Projekt „Schule macht Zirkus“. Lerner, Lehrer und Eltern präsentierten eine große Benefiz- Zirkusgala. Vor ausverkauftem Haus. Applaus, Applaus." Julia Böing und Emily Sacher, GAZ Nov. 2012