Weihnachtliche Flüchtlingsgeschichte

Eine junges Paar wird von einem diktatorischen Herrscher gezwungen, sich auf den Weg zu machen. Er heißt nicht Assad, ist diesem aber vielleicht gar nich nicht so unähnlich. Die beiden Reisenden sind zwar frisch verheiratet, sie aber ist auch hochschwanger und die Reise eigentlich viel zu riskant. Sie wagen dennoch nicht, sich der Willkür des Herrschers auszusetzen und machen sich auf den Weg. Und wie so viele Flüchtlingsfamilien in diesen Tagen kommt die Geburt viel zu früh, die Strapazen, der Stress, die Anstrengung fordern ihren Tribut. Da die offiziellen Flüchtlingsüberkünfte natürlich überfüllt sind, finden sie schließlich eine dreckige Unterkunft im Stall eines Bauernhofs. Es stinkt entsetzlich, die hygienischen Bedingungen sind unvorstellbar – aber zumindest ist es trocken und wohl auch nicht kalt.

Diese Geschichte ist wahr, auch wenn sie sich nicht im Detail genauso zugetragen hat. Sie handelt von einem Bauarbeiter, der schon zum zweiten aber nicht letzten Mal an die Belastungsgrenze gehen muss und zu seiner Frau steht. Und damit seinen Mann.

Da gibt es aber nicht nur die horizontale Beziehung zwischen Mann und Frau, die auch in den nächsten Wochen noch in Lebensgefahr aber nie in Gefahr gerät, die Liebe zueinander oder zu ihrem Schöpfer zu verlieren. Er und sie stehen in einer festen, vertrauensvollen Vertikalen: In einer Beziehung zu diesem Schöpfer, den ihr neugeborener Sohn in einem für die Anständigen jener Zeit unerhörten Akt sprachlich nicht mehr umschreibt (der Gottesnahme JHWH wurde niemals laut ausgesprochen, sondern nur geschrieben), sondern den er schlicht und ergreifend „Papa“ nennen wird und der ihm so nah ist wie sein Papa Josef und seine Mama Maria.

Gottvertrauen müssen wohl auch die Menschen haben, die alles aufgeben, um für ihre Familien nicht viel mehr zu erhoffen wie eine bombenfreie Nacht, die sie nicht im Keller verbringen müssen. Die sich wünschen, dass ihre Kinder wieder einmal lernen dürfen. Dass man ohne Angst vor Selbstmordattentätern über die Straße gehen darf.

Können wir uns ernsthaft eine stilisierte Flüchtlingsunterkunft alias Krippe unter den Baum stellen und gleichzeitig die großen Flüchtlingsunterkünfte ignorieren oder sogar ablehnen? Unser Religionsstifter hat uns zur Umkehr aufgefordert, uns herausgefordert, die Komfortzone unseres Lebens zu verlassen, um diese Welt (nicht: unser Land) besser zu machen. Er war in einem Maße tolerant, dass er Andersgläubigen und den Randgruppen seiner Zeit mit besonderer Achtsamkeit begegnete. Sind wir in diesem seinem Sinne „Christen“ oder zumindest „christ-„lich?

Fragt sich, mit guten Wünschen zu einem gesegneten beSINNlichen Weihnachtsfest,

Ihr Bernhard Meffert

Religionslehrer am Raiffeisen-Campus

P.S. Mit diesem Weihnachtsgruß verabschiedet sich das Redaktionsteam unter Leitung von Dr. May in die Weihnachtsredaktionspause und ist pünktlich zum neuen Jahr wieder für Sie da…

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