Themenwoche: Flucht und Vertreibung – positive Bilanz

Flüchtlinge – Fluch oder Segen für Deutschland? Müssen wir Angst vor der aktuellen Situation haben? Wie verläuft die Asylsuche im Westerwald? Was können wir tun, damit es hier gut läuft und eine gute Integration gelingt? Alles Fragen, welche die Lernerinnen und Lerner des Raiffeisen-Campus in Dernbach den zahlreichen Referenten der Diskussionsrunde zu ihrer Themenwoche "Flucht und Vertreibung" stellten. Zu Beginn der Gesprächsrunde präsentierte der Fotojournalist Herbert Piel seine Bilder von Flüchtlingsunterkünften in Rheinland-Pfalz, die er in den letzten Monaten besucht hat. Beeindruckende sowie erschreckende Fotos sahen sich die 230 Lernerinnen und Lerner sowie ihre Lehrer und weitere Gäste in knapp 15 Minuten im Forum an.

Nach diesem emotionsgeladenen Einstieg begrüßte Schulleiter Bernhard Meffert die folgenden Gäste: Frau Zahra Deilami (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Mannheim), Herrn Dr. Andreas Nick MdB (CDU), Frau Inge Rocco (Flüchtlingskoordinatorin und Pastoralreferentin St. Peter in Ketten), Herrn Detlef Dillmann (ehemaliger Leiter der Caritas WW-Rhein-Lahn) sowie Herrn Winfried Manns (Gemeinde-und Städtebund RLP).

Kein Flüchtling verlässt ohne Grund seine Heimat. Mit dieser Aussage startete die Diskussionsrunde und jeder der Gäste erklärte aus seiner persönlichen Sicht, aus welchen Gründen er sich vorstellen könnte, aus seiner Heimat zu fliehen. Die verschiedenen Antworten ließen sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen, der in dem zentralen Begriff "Freiheit" seinen Ausdruck fand. Krieg und die fehlende Sicherheit im eigenen Land sind auch die Gründe des aktuellen Flüchtlingsstroms.

Doch was ist in der aktuellen Lage konkret zu tun? Diese Frage stellte Schulleiter Meffert den Referenten. Es sei wichtig, nicht über die Köpfe der Flüchtlinge hinweg zu entscheiden, sondern die einzelnen Schicksale sowie die unterschiedlichen Begabungen anzuerkennen, erläuterte Inge Rocco und verknüpfte dies mit einigen Erlebnissen aus ihren täglichen Begegnungen. Die Beachtung der Würde des Menschen, so wie sie im Grundgesetz verankert ist, stand im Zentrum des Gesprächs. Detlef Dillmann betonte, wie wichtig es sei, die Freizeit mit unseren neuen Mitbürgern zu verbringen, mit ihnen z.B. Fußball zu spielen oder anzusehen. Dies fördere, so Dillmann weiter, eine schnelle Integration und erleichtere darüber hinaus das Erlernen der deutschen Sprache.

Auf die Frage einer Lernerin, ob der Zustrom der Flüchtlinge Fluch oder Segen für Deutschland sei, antwortete Winfried Manns, dass es an uns allen liege, mit der Situation umzugehen. Dr. Andreas Nick ergänzte, dass es wichtig sei, dass die Flüchtlinge rasch die deutsche Sprache lernen, hier arbeiten können, einen geregelten Tagesablauf haben und sich in ihrem neuen Wohnort wohlfühlen. Zahra Deilami unterstrich dies und berichtete aus ihren eigenen Erfahrungen: "Wir müssen ganz normal und unverkrampft mit den Neuankömmlingen umgehen. Jeder hat sein Lebenskapital, Respekt und Höflichkeit: Jeder muss dieses Lebenskapital nach außen tragen und auch entsprechend handeln", so Deilami.

Das lange Warten auf eine Registrierung war auch Thema; hier sei aktuell schlicht eine Überforderung festzustellen, sagte Manns. Aber der Bund habe schon einiges auf den Weg gebracht und man müsse abwarten, wie rasch die neuen Regelungen greifen, erklärte Manns. Dillmann zeigte den Lernern zahlreiche Anträge, die "jeder Asylsuchende ausfüllen muss, bevor ihm der Status als "Asylant" zuerkannt wird. Es gilt, zwischen Flüchtlingen zu unterscheiden, die anerkannt sind und solchen, die noch auf die Anerkennung warten." Kritisch betonte er, es sei unbegreiflich, warum die Anträge nur in deutscher Sprache und nicht in der Sprache der Flüchtlinge ausgefüllt werden müssen. Das führe zu zahlreichen Problemen, mahnte er an.

Inge Rocco machte auf das Problem aufmerksam, dass es leichter sei, aktuell Paten für Menschen aus Pakistan oder Syrien zu finden im Gegensatz zu Flüchtlingen aus den Balkanstaaten. Es gebe ihr zufolge in der Bevölkerung einen Unterschied in der Wahrnehmung von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. Dr. Nick lobte die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer und die Kommunen, die tagtäglich vor Ort für eine reibungslose Organisation des Alltags sorgen. Auf die Frage einer Lernerin, ob wir in Deutschland Angst haben müssten, antwortete der Bundestagsabgeordnete Nick: "Nein, wir haben zwar große Herausforderungen, aber Angst vor der Situation haben, müssen wir nicht. Jedoch bereitet es mir große Sorgen, was das Klima in unserer Gesellschaft angeht. Wir müssen mutig sein, und offen gegen die Hassparolen eintreten. Die Flüchtlinge nehmen uns gewiss nichts weg!"

Einen ganz besonderen Moment stellte das Ende der Diskussionsrunde dar: Die Lerninnen und Lerner des Raiffeisen-Campus schlugen vor, den Flüchtlingen im Kreis aktiv zu helfen. Die Projektleiterin der Themenwoche, Jenny Groß, zeigte sich gemeinsam mit Schulleitung und Kollegium darüber besonders erfreut. So wird dem Wunsch der Kinder gerne nachgekommen, und eine Teilnahme am Nikolauslauf der Firma Münz ist bereits organisiert. "Besser als mit diesem sehr intensiven Projekt, das auch praktische Hilfe für Flüchtlinge in unserer Region hervorbringt, können wir als kleine Schule den Anliegen der Kinder nicht gerecht werden. Die Empathie und das große Interesse unserer Schulgemeinschaft rechtfertigen den Aufwand", sagte die projektverantwortliche Pädagogin Jenny Groß.

Schulleiter Meffert zog am Ende der Veranstaltung ein sehr positives Fazit und freute sich, dass die Themenwoche so viel Anklang und Motivation zur aktiven Hilfe bei den Kindern gefunden hat: "Wir alle haben es in der Hand, dass wir zu einem gelingenden Miteinander beitragen und mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die Integrationsbemühungen mitbegleiten", so Meffert in seinem Abschlussplädoyer.

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