Sozialexperimente und Schallbilder

Ein verdunkelter Klassenraum, an der Tafel zittert eine grüne Linie. "Hey, die reagiert ja auf uns!" Ein wildes Stimmen- und Geräuschgewirr entsteht und lässt Zacken über die Tafel wandern, hohe Ausschläge darüber zucken; jeder möchte sehen, welchen Effekt er auf diese Linie hat. Irgendwann wird der Klasse 7a dann klar, dass eigentlich ja der Physikunterricht beginnen sollte. "Hey, seid mal leise!" – "Lasst die Linie mal ganz gerade machen!" und irgendwann klappt das auch weitestgehend.

Es gibt Arbeitsblätter. Und jetzt? "Seid mal leise, vielleicht will Herr Gabor etwas sagen!?" Er schüttelt den Kopf, steht nur da und beobachtet mit einem jovialen Schmunzeln. Was dann? Mal das Arbeitsblatt lesen. Aha! Für verschiedene Schallquellen soll das Schallbild an diesem „Oszilloskop“ untersucht werden. Einige eifrige Organisatoren stoßen vor, die das Vorgehen innerhalb der Klasse abzustimmen versuchen, denn schnell wird klar: Diese Aufgabe lässt sich nur dann lösen, wenn ein Einzelner das Geräusch macht und alle anderen komplett ruhig sind.

So simpel ist das und doch ist für einzelne Lerner die Verlockung einfach zu groß, diese leere Bühne der flachen, ungekräuselten, jungfräulichen Oszilloskoplinie ganz für sich alleine zu haben und ihr mit einem Schrei oder einem Klatschen ein Solo aufzuprägen – Absprachen hin oder her.

"Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele." gilt eben auch andersrum. Nur dann, wenn diese vielen das gleiche Ziel verfolgen, wenn jeder einzelne sein ihm eigenes Interesse dem gemeinsamen der vielen unterordnet, kann man auch etwas schaffen. Ansonsten? Was viele schaffen könnten, verhindert Einer alleine.

Nach und nach begreifen das schließlich auch die letzten Lernerinnen und Lerner und die Klasse beobachtet gemeinsam das abklingende Zackenmuster eines Trommelschlags, das Berg-und-Tal-Muster einer redenden Person, das harmonische wellenförmige Auf und Ab eines einzelnen Pfeiftons und untersucht das Schallbild eigener Ideen. Geräusche lassen sich also nicht nur sichtbar machen, sondern haben auch unterschiedliche Charakteristika.

Am Ende dann also doch wieder etwas gelernt. Vielleicht weniger in Physik, als in dieser Stunde möglich gewesen wäre, mehr jedoch und dafür umso wertvoller – sowie hoffentlich auch nachhaltiger – in Sachen Selbstbeherrschung und Teamwork sowie zum Lernen an sich. 

 

 

 

 

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