Interwriting – Lerner bewerten neue Unterrichtsmethode

Lernerfolgskontrolle – dieser Begriff wird häufig auf klassische mündliche und/oder schriftliche Prüfungsformate reduziert. Allerdings geben die in solchen Tests erzielten Ergebnisse oft nur eingeschränkt Auskunft darüber, was und wie viel eine Lernerin bzw. ein Lerner tatsächlich verstanden hat oder nicht. Dagegen können die Lerner mithilfe des „Interwriting“ sowohl inhaltlich-thematische Aspekte, die im Laufe der Bearbeitung einer Lerneinheit ihr Interesse und ihre Neugier besonders geweckt haben als auch solche, mit denen sie Schwierigkeiten haben, besser reflektieren. Bei diesem Verfahren handelt es sich um einen (vorstrukturierten) Schreibdialog im Unterricht. Dem liegt die Erwartung zugrunde, dass sich zwei Lerner abwechselnd über ihren Verstehenshorizont und ihre Verstehensweisen austauschen, die Ergebnisse fixieren und bewerten. Nach Einführung dieser Methode in meiner Deutschklasse (8a) kamen die Lerner auf die Idee, ihre erste Begegnung mit dem „Interwriting“ in folgendem Erfahrungsbericht festzuhalten:  

Zettel schreiben im Unterricht? Wir dachten, wir hätten uns verhört, als Herr Dr. May uns heute dazu aufforderte. Ganz so war es dann doch nicht gemeint. Die neue Lernmethode, die wir heute im Deutschunterricht kennengelernt haben, erinnert wirklich etwas an das Zettelschreiben im Unterricht, das  den meisten Lehrern doch ein Dorn im Auge ist. Allerdings geht es beim "Interwriting" nicht darum, sich während des Unterrichts  über private Unternehmungen am Wochenende zu schreiben, sondern vielmehr darum, sich den Unterrichtsstoff vor Augen  zu führen und sich bewusst Gedanken über  Verstandenes und Nichtverstandenes zu machen.

Das Ganze funktioniert wie beim Whatsappschreiben: Jeder Lerner schreibt einen Satz darüber, wie er mit dem gegenwärtigen Thema klar kommt und was ihm daran besonders gefällt oder womit er Schwierigkeiten hat.  Danach tauschen die beiden Sitznachbarn oder Schreibpartner  ihre Hefte und antworten auf den Satz des anderen mit einer Gegenmeinung, einer Zustimmung, einer Relativierung oder auch einer Rückfrage. Für jede Antwort haben die Paare jeweils eine Minute Zeit. Ist die Minute vorbei, tauschen sie zurück und antworten dort. Aber Vorsicht! Wer nicht direkt tauscht, scheidet aus.

Eine weitere Besonderheit ist, dass während der Schreibphase nicht gesprochen wird. Die Schreibpartner tauschen sich ausschließlich schriftlich aus. So entstehen praktisch zwei Texte, die den Lernstoff wiederholen und in denen man auch hilfreiche Diskussionen führt. Wie lange die Hefte hin und her gereicht werden, entscheidet der Lehrer in Abstimmung mit der Klasse –  bei uns waren es 10 Minuten, d.h. in jedem Heft standen 5 Sätze und 5 Antworten zum Thema „Kurzgeschichte“.

Nach der Partnerarbeit kam jede Gruppe nach vorne und las ihre Texte vor. Besonders auffällig hierbei: Die einzelnen Partnergruppen sind unterschiedlich an die Aufgabenstellung herangegangen. In unserer Klasse gab es zum Beispiel einige Gruppen, die sich gegenseitig nochmals die wichtigsten Merkmale der Gattung „Kurzgeschichte“ schilderten, andere wiederum, die mehr über die 2 verschiedenen Geschichten diskutiert haben, die wir bis jetzt gelesen haben und wieder andere, die mit guten Argumenten versucht haben, ihren Schreibpartner zu überzeugen, dass das Thema doch ganz spannend ist. Gerade dieser Punkt führt hat dazu geführt, dass man das Thema noch mal mit ganz anderen Augen gesehen hat und manchem Lerner ist dabei tatsächlich Licht aufgegangen.

Interwriting haben wir also als eine Lernmethode kennengelernt, die sich für eine Zwischenbilanz oder zum Abschluss eines Themas sehr gut eignet. Rückmeldung bekommen hierbei sowohl Lehrer als auch Lerner, was verstanden wurde und was noch wiederholt oder vertieft werden kann. Ein wichtiger Punkt darf nicht fehlen: Man hat Freude dabei und kann nur Positives daraus ziehen.

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