50 Tage danach…

Frohe Ostern, so konnte man bis gestern unverblümt wünschen, wenn man sich einem kirchennahen Christen gegenüber sah, denn Ostern dauert 50 Tage – bis Pfingsten (was übersetzt soviel heißt wie 50 Tage).

Was wenige Leute wissen, ist, dass sowohl Ostern (Pesah) als auch Pfingsten (Schwawuot) jüdische Wurzeln haben und deshalb in der langen gemeinsamen Geschichte jüdischer und christlicher Menschen in Deutschland auch zeitgleich, vielleicht auch in Gedanken gemeinsam gefeiert wurden. Schawuot bedeutet „Wochen“ und spielt damit auf den gleichen Abstand zu Ostern an wie unser Pfingstfest. Es feiert die Offenbarung der Tora, der jüdischen Bibel, die zugleich unser Erstes/Altes Testament ist. Mit Offenbarung hat auch unser Pfingstfest zu tun, denn den Jüngerinnen und Jüngern wurde an Pfingsten offenbar, dass sie ihr religiöses Schicksal endlich selbst in die Hände nehmen mussten. Und dann erfuhren sie, dass sie in Jesu Geist, aber ohne seine Anwesenheit genau das kommunizieren konnten, was Jesus zu Lebzeiten ihnen vermittelt hatte: Zuwendung zum Nächsten, religiöse Toleranz, konsequentes Befolgen nicht der Regeln, sondern des Sinns hinter solchen Regeln.

Schawuot hat aber noch einen weiteren Sinn, denn es ist ein Erntedankfest. In Israel beginnt nämlich die Weizenernte mit Pesah und so ist diese Ernte zumeist an Schawuot beendet. Vielleicht für uns Christen ein Ansporn, im übertragenen Sinne dafür zu danken, dass wir an Pfingsten unsere religiöse Selbstverantwortlichkeit begannen und damit für die Inspiration (im Wortsinn!) Jesu nicht mehr nur dankbar sind, sondern sie als Verpflichtung eigenen Handelns begreifen.

Frohe Pfingsten

wünscht Ihr Bernhard Meffert

Religionslehrer am Raiffeisen-Campus

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