Vorlesung Prof. Dr. Brockhoff (WHU): Verteilungsgerechtigkeit

Herr Deinert begrüßte Professor Brockhoff

Der Raiffeisen-Campus ist zugegebener Maßen deshalb besonders gastfreundlich, weil unser qualifiziertes Team weiß, wie bereichernd es ist, wenn Menschen außerhalb unseres Berufsstandes ihre ganz besonderen Erfahrungen und Kompetenzen einbringen. Ein besonders prominenter Gast, der langjährige Rektor der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar war der Einladung von Herrn Deinert als Leiter Berufs- und Studienorientierung gefolgt, an unserer Schule eine Vorlesung zu halten.

Prof. Dr. Klaus Brockhoff sprach über das in der politischen Diskussion auch zu Zeiten von Koalitionsverhandlungen hoch aktuelle Thema der Verteilungsgerechtigkeit. Und wer gedacht hatte, dass dieser renommierte Professor weit weg von der Erfahrungswelt der Oberstufenlerner dozieren würde, der wurde rasch eines Besseren belehrt. Ganz konkret von der Erfahrung der Lerner ausgehend und in direktem Austausch mit ihnen dachte Prof. Brockhoff über den Begriff der Gerechtigkeit nach, der in vielfältiger Weise im Leben der ca. 17jährigen eine große Rolle spielt. Neben der politischen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit stand im Fokus des Hochschullehrers die Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Schnell wurde klar, dass ein solches Thema einer sachlich belastbaren, also objektivierbaren Grundlage bedarf. Denn wenn die Grundlage der Diskussion über Verteilungsgerechtigkeit das Brutto- und nicht das Nettoeinkommen wäre, ändert sich die statistische Verteilung erheblich. Gleiches gilt, wenn man stattdessen das verfügbare Einkommen oder das Markteinkommen zugrundelegt. Gleiches gilt für verschiedene Messgrößen des Vermögens.

Professor Brockhoff kam sofort ins Gespräch mit den LernerInnen der MSS2

Warum kommt es denn überhaupt zum Problem der Verteilungsgerechtigkeit? Grundlage ist zum einen die Knappheit von Geld und Gütern aber auch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, die Privateigentum überhaupt erst möglich macht (diese Regelung ist im übrigen natürlich nicht universal, siehe Kommunismus).

Wie misst man also Verteilungsgerechtigkeit? Prof. Brockhoff erläuterte den Unterschied zwischen Quantil-Verhältnissen als Messinstrument und dem Gini-Koeffizient. Natürlich wurde dabei offensichtlich, dass die Wahl des Messinstruments erheblichen Einfluss auf die Darstellung der Ergebnisse hat. Und nach dieser mathematischen Klärung wurde es sehr konkret. Mit Hilfe einer Weltkarte betrachtete Klaus Brockhoff mit der Lernern die internationale Verteilung der Ungleichheit. Während Mitteleuropa gut abschneidet, zeigt sich in Südamerika,

Was ist eigentlich gerecht? So die Ausgangsfrage der Vorlesung des ehemaligen Rektors der WHU

China und dem Subsahara-Afrika starke Ungleichheit. Dabei wird am Beispiel Chinas die Paradoxie der offiziellen Staatslehre und tatsächlicher Vermögensverteilung deutlich. Wo die Gleichheit am stärkste propagiert wird, ist sie tatsächlich sehr gering.

Am Beispiel zweier kontradiktorischer Zeitungsmeldungen vom gleichen Tag wurde dabei die unterschiedlichen Interpretation solcher identischer Daten im Blick auf Deutschland offensichtlich, denen Prof. Brockhoff dann im Dialog mit den Lernern auf den Grund ging. Dass dabei häufig nicht alle relevanten Faktoren einbezogen werden oder dies zumindest für den Leser der Meldung nicht erkennbar ist, zeigte allen im Raum die Notwendigkeit einer differenzierten und qualifizierten Betrachtung. In der Zeitreihe für Deutschland zeigt sich: Die Ungleichheit hat sich in Deutschland nicht in eine einheitliche Richtung entwickelt. Eher schwankt die Ungleichheit in Deutschland abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Situation in einem überschaubaren Korridor.