Was kann man von Ostern über Frieden lernen?

Mit dem LKW in das Einkaufszentrum in Stockholm und in den Weihnachtsmarkt in Berlin und mit Giftgas auf Wohngebiete in Homs, mit Bomben in U-Bahnschächten in St. Petersburg. So versuchen Menschen heute, ihre als religiös getarnten letztlich rein machtgetriebenen Überzeugungen durchsetzen zu lassen. Zu lassen, weil die Anis Amris dieser Welt ja nur die einer pseudoreligiösen Hirnwäsche unterzogenen radikalisierte Handlanger handfester Interessen sind, die dezent im Hintergrund bleiben und einen durchaus westlichen Lebensstil pflegen. Nicht der Islam ist das Problem, sondern die, die ihn missbrauchen.

Können wir uns als Christen von solchen Fehlformen freisprechen? Hat nicht auch unser so genanntes christliches Abendland in seiner gar nicht so fernen Geschichte die schlimmsten Genozide nicht nur nicht verhindert, sondern sogar betrieben, auch damals im Gewand einer scheinreligiösen aberwitzigen Hass-Ideologie so wie sie heute der IS menschenverachtend praktiziert? Darf man also als Christ glaubwürdig für Frieden eintreten, wenn unsere Religion immer wieder Teil handfester Konflikte war? Auch hier: Nicht das Christentum war damals das Problem, sondern die, die es missbrauchten. Und so ist es bis heute.

Was kann man von Ostern über Frieden lernen? Da ist ein Wanderprediger namens Jesus ohne politischen Einfluss oder politischen Anspruch, ohne Medien und völlig ohne Kapital. Obwohl – ein Kapital zumindest bringt er ja definitiv doch mit – es ist aber immateriell. Sein Kapital ist eine revolutionäre Idee, die so unendlich weit von den Fehlformen sich zu Unrecht gläubig nennender Gewalttäter entfernt ist – sein Kapital ist Mut zum Frieden. Er traut sich, die Gewaltspirale seiner Zeit zu durchbrechen. Die strukturelle und vermeintlich religiös tolerante Gewalt der römischen Besatzungsmacht, die korrupte politische Macht und Gewalt der geduldeten und jeder echten politischen Macht beraubten jüdischen Herrscher (die deshalb umso härter nach unten treten, wo sie können) und auch die Gewalt auf der Straße, die nicht zuletzt der Armut seiner Zeit geschuldet ist. Will man Jesus provozieren, malt er ostentativ im Sand. Nennt man ihn König, verweist er auf eine andere Welt. Steuern zahlt er sogar an den römischen Kaiser ohne zu murren. Und die fremde Frau mit Migrationshintergrund am Brunnen behandelt er wie seinesgleichen, aufgeklärter und toleranter als die meisten Männer es heute tun würden. Er mutet ihr sogar die Ehre eines kritischen Dialogs zu. Nur, wenn er den Missbrauch der Religion und ihrer Stätten entdeckt, wird auch er einmal wütend, denn das Haus seines Vaters ist ihm heilig.

Von Ostern lernen heißt, dass man den Tod nicht erfolgreich mit dem Tod besiegen kann. Will man seine Macht stoppen, muss man daran glauben lernen, dass Menschen nicht durch Gewalt zerstört werden können. Dass sie aufstehen und weiterleben, denn sie sind „eine Seele von Mensch“. Und diese Seele ist, so glauben wir Christen, stärker als der Tod.

So wie damals Jesus, der für seine Freunde auch nach der Dunkelheit seiner Hinrichtung unmittelbar erfahrbar blieb und bis heute bleibt. Und das ganz besonders jedes Jahr in der Osternacht, wenn eine einzige Kerze sinnfällig macht, dass ein ganzer Raum voller Dunkelheit nichts ausrichten kann gegen ihr Licht.

Seien wir doch selbst an Ostern eine solche Kerze für andere. Glauben wir gegen alle Ängstlichkeit an die guten Ideen, vertrauen wir auf unsere Helligkeit und strahlen unsere Mitmenschen an. Das tolle ist, sie reflektieren unser Licht in unsere Augen zurück und die Welt wird ein bisschen heller. Und wo die Welt hell ist, hat der Hass keine Chance.

Frohe Ostern wünscht

Ihr Bernhard Meffert

Religionslehrer am Raiffeisen-Campus

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