Ostern verpasst?

Wenn man in diesen Tagen jemandem „Frohe Ostern“ wünscht, dann erhält man häufig ein durchaus freundlich gemeintes, aber irgendwie korrigierendes „Gehabt zu haben“ zurück. Als ob Ostern ein Verfallsdatum hätte. Hat es aber nicht, warum wir in diesen Ostertagen unseren Osterartikel veröffentlichen.

Ostern: Aus atheistischer Sicht doch immerhin ein Fest der Christen, das aufhorchen lässt. Da lässt sich eine ethisch revolutionäre Idee (nämlich das eigene und das Gemeinwohl in Einklang zu bringen – Liebe deinen Nächsten wie dich selbst) auch durch den Tod desjenigen, der diese Idee gegen den Mainstream seiner Zeit wirkungsvoll verkündet, der deshalb politisch unbequem wird und schließlich beseitigt werden soll – da lässt sich also diese revolutionäre Idee nicht töten. Sie lebt fort und – wie wir Christen glauben – wie jede gute Seele auch Er selbst.

Ostern ist aber älter als das Christentum. Das Wort bezeichnet wahrscheinlich ein vorchristliches Frühlingsfest. Was haben die beiden Traditionen gemeinsam? Wir feiern die Überwindung der Dunkelheit durch das Licht. Im Blick auf die Natur den Sieg des Schneeglöckchens über den Winterboden und den Sieg der Sonne über die Kälte. Wir Christen feiern darüber hinaus die Überwindung einer legalistischen Formelethik („Halte die Gebote buchstäblich ein!“) über eine sinnerfassende und menschenfreundliche („Der Mensch ist nicht für die Regeln da, sondern die Regeln für den Menschen“) und wir feiern im christlichen Glauben, dass der Tod so zum Leben gehört wie die Geburt, aber beide nur Stationen einer fortdauernden Existenz sind. Von der wir nur ahnen können, wie sie beschaffen war und sein wird. Aber da geht es uns ähnlich wie einst im Mutterleib. Wir konnten nur ahnen, dass es ein Leben außerhalb der Mutter geben kann. Und wissen jetzt, dass es dieses Leben gibt.

Gestern erfuhren wir vom Tod des 45jährigen Jazz-Sängers Roger Cicero. Heute morgen hörte ich im Radio sein Lied „Ich hätt‘ so gern noch Tschüß gesagt“ das sich an seinen früh verstorbenen Vater richtet. Nehmen wir trotz oder wegen unseres Glaubens an ein Leben nach dem Tod uns heute Zeit für einen lieben Menschen. Damit wir dafür noch Zeit haben.

Frohe Ostern! Weiterhin!

Wünscht Ihr Bernhard Meffert, Religionslehrer am Raiffeisen-Campus

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