Lernen und Lernen am Raiffeisen-Campus

Die folgenden Ausführungen basieren auf einem Vortrag, den der Autor zum Thema „Lernen und Lernen am Raiffeisen Campus“ auf der Bildungsmesse „Didacta“ in Köln hielt. Der Vortrag verfolgte zwei Hauptziele: Zum einen sollte das Publikum Einblick in das innovative Verständnis des zentralen Begriffs „Lernen“ am Raiffeisen-Campus gewinnen und zum anderen zeigte der Vortrag, welche Rolle itslearning bei der Implementierung dieses Lernbegriffs bisher spielt.

Beim Anschauen eines sogenannten Vexierbildes sieht ein bestimmter Betrachter ganz schnell eine Lösungsmöglichkeit. Ein weiterer Betrachter nimmt zuerst eine andere Lösungsmöglichkeit wahr. Ein dritter Betrachter wiederum erkennt erst nach einiger Zeit überhaupt etwas: Jeder Mensch nimmt die Welt anders, d.h. individuell, wahr. Die Sicht eines Menschen auf die Welt bleibt den anderen Menschen oft verborgen, weil sie subjektiv ist. Genauso verhält es mit dem Lernen. Lernprozesse sind komplex, und Lerngegenstände werden unterschiedlich wahrgenommen. Und jeder Mensch hat ein eigenes Lerntempo, eigene Lerninteressen etc. Manche verstehen einen mathematischen Sachverhalt schnell, andere brauchen dafür mehr Zeit.

Nach diesen Erfahrungen funktioniert Lernen nicht im Sinne von „Eintrichtern", „Füllen" oder „Vollstopfen“. Unterschiedliches Denkvermögen wäre so nur eine Folge von Kapazität und Füllstand des Gehirns. Ein anderes Modell für Lernen aus einem physikalisch geprägten Weltbild stärkte in den letzten Jahrhunderten die Vorstellung von Wahrnehmung als Abbildung. Das Gehirn zeichnet sich, so der allgemeine Tenor dieser Denkrichtung, mit Hilfe der Sinne ein möglichst getreues Abbild der Realität. Im Zusammenhang mit Lernen passen hier Begriffe, wie „ Einsehen“, Erfassen“, „Packen“, „Lernerfolg“ und vor allem „Üben“. Das Verstehen soll erzwungen werden, indem der Inhalt genügend oft wiederholt oder präsentiert wird. Eine Didaktik der Mathematik empfiehlt für den Lernerfolg in der Erarbeitung ein genügend scharfes und rein gezeichnetes Vorbild. Dies durfte ich in meiner Ausbildung erfahren. Hier lag der Fokus bzgl. der Qualität einer Unterrichtsstunde vor allem in der mathematischen Exaktheit des Lehrers. 

Nach Erkenntnissen aus der Gehirnforschung benötigt ein erfolgreicher Lernprozess aber mehr. Lernen ist ein vom Gehirn gesteuerter Selbstgestaltungsprozess mit Hilfe von Wahrnehmungen. Dazu gehören vor allem auch soziale Signale. Eine Bedeutungsübertragung bzw. einen Wissenstransfer zwischen Gehirnen gibt es nicht. Belehrungen funktionieren daher  nicht, jeder Mensch konstruiert sich seine Welt selbst. Der Lernende bestimmt selbst, was er lernt und wie er lernt. Verstehen kann man nicht erzwingen. Der Lernprozess wird wesentlich verstärkt durch persönliche Betroffenheit und soziale Interaktionen. Stärkste Motivation ist dabei das Gefühl, beim Erklären des Lerninhaltes von anderen Menschen verstanden zu werden.

Damit ist nun auch der Titel, in welchem ein erwartetes Wort fehlt, erklärbar: Lehren im Sinne der Belehrung ist unmöglich. Unterricht, wie man ihn eventuell aus der eigenen Schulzeit kennt, führt keinesfalls gezielt – und noch weniger automatisch –  zum Lernerfolg. Lernende und Lehrende müssen sich immer an der Zielstellung des erfolgreichen Lernens neu orientieren. Der Lehrende wird zum wichtigen Lernbegleiter und immer wieder auch selbst zum Lerner. Wichtige Faktoren in der Schule sind daher u.a. Beziehung, Zeit und Kommunikation.

Doch oft ist in der Schule vor allem die Zeit knapp. Dies verhindert Kommunikation und schwächt die Beziehung zwischen Lehrern und Lernern, aber auch zwischen Lehrern und Lehrern.

Derzeit arbeiten wir bereits im dritten Schuljahr mit dem Lernmanagementsystem itslearning. Der erste Schritt nach der Gründung des Raiffeisen-Campus war ein Lehrerwiki im Intranet der Schule. Zwei Jahre später waren die Anforderungen an das System so gestiegen, dass wir zur erfolgreichen Erfüllung unserer Ziele auf ein professionelles System umgestiegen sind. In einem ersten Schritt erfolgte die Implementierung der Schulorganisation in itslearning, und das Lehrerteam nahm sich ein Jahr Zeit, um das System kennen zu lernen. Für die Teamarbeit  wichtig sind ein virtuelles Lehrerzimmer und die Gruppenkalender. Nach diesem ersten Jahr begann auch das Projekt Lernerlaptop für einen auf itslearning gestützten Unterricht.

Die Kommunikation im Lehrerteam über itslearning hat die Transparenz aller pädagogischen Prozesse zum Ziel. Beispiele dafür sind die Vernetzung der Klassenteams oder die Dokumentation von Lernstands- und Elterngesprächen und den dort gemeinsam getroffenen Vereinbarungen.

Eine Ganztagsschule ist nicht nur Lern- sondern auch Lebenswelt. Gutes Lernen bedarf einer individuellen Förderung und Forderung. Die Umsetzung der dafür notwendigen  Organisation und Kommunikation erfolgt über itslearning. Es werden individuelle Lernumgebungen generiert, die dabei helfen, den eigenen Rhythmus zu finden und Lernstrukturen selbst zu bestimmen. Damit schafft itslearning die Grundlage für das Feedback und damit die Möglichkeit, individuelle Lernprozesse nachhaltig zu steuern. 

Zukünftig soll itslearning uns dabei helfen, diese Feedbackkultur nachhaltig zu etablieren und individuelle Lernpfade für jeden Lerner sichtbar zu machen. Bisher haben wir das enorme Potenzial und die Möglichkeiten dieses Lernmanagementsystems nur im Ansatz erschlossen. In den nächsten Jahren werden wir uns im Rahmen der Schulentwicklung weitere Bereiche Schritt für Schritt erschließen.

Ein wichtiger Schritt wird dabei das Nutzertreffen itslearning in Verbindung mit einem Medientag zu digitalem Lernen am Raiffeisen-Campus sein. Die Veranstaltung Wireless Learning – Individualisieren und Vernetzen, welche am 29. und 30.9.2016 stattfindet, wird mit der Lernmanagementplattform itslearning die notwendigen Impulse für unsere Schulentwicklung geben. 

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar