Gib acht – ein Kind!

„Ihr Kinderlein kommet“ singen viele Menschen in diesen Tagen und denken an das Kind, das wie kein anderes das Denken der Menschheit geprägt hat. Für Muslime und Juden ein bedeutender Prophet, für uns Christen ein Mensch, der ganz der göttliche Vater ist, der seinerseits die Kinder zum moralischen Ideal erhebt („Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder…“).

Wir feiern ein typisches Kind der Unterschicht seiner Zeit: Mittellos und unterprivilegiert aber mit Eltern, die es darauf anlegen, dieses besondere Kind trotz oder wegen der für sie merkwürdig geheimnisvollen Umstände seiner Herkunft zu einem aufrechten Menschen zu erziehen.

Jesu Eltern hatten wohl kaum Schulbildung und hadern zunächst mit seinem Wissensdrang und seiner eindrucksvollen Gelehrsamkeit, als er mit zwölf Jahren die Theologieprofessoren seiner Zeit mit seinen Fragen erstaunt.

Aber am Ende steht seine Mutter unter dem Kreuz und protestiert so für ihren Sohn und gegen das unmenschliche religiöse und politische Establishment ihrer Zeit. Sie wird zur Ikone der Bewegung ihres Sohnes – der jungen Kirche – und heute werden zu selten ihre eindrucksvolle Menschlichkeit, ihre Selbstzweifel und ihre Unsicherheit im Blick auf ihren Sohn thematisiert. Stattdessen wird sie zur Halbgöttin stilisiert, sie, die nichts lieber hatte als auf der Seite der Menschen zu sein, auf der Seite der suchenden Jünger, die sich vor Angst in einem Haus verbarrikadiert hatten, als ihr spiritueller Führer nur noch selten er-innert wurde.

Wir am Raiffeisen-Campus verstehen uns wie unseren Namensgeber als engagierte Christen, als christliche Schule. Und so feiern wir Weihnachten als Verpflichtung, die Kinder nicht naiv zu idealisieren, aber dennoch in ihnen eine Qualität neu zu entdecken, die wir Erwachsenen so oft vermissen lassen. Eine echte Neugier auf das Leben; den Glauben an das Gute; die Hoffnung auf eine bessere Welt. Deshalb lernen wir am Raiffeisen-Campus nicht für sondern mitten im Leben.

Vielleicht sollten wir an Weihnachten unseren Zynismus auf Seite schieben und wieder daran glauben, dass das Kind im Futtertrog Recht hat. Das gäbe uns Kraft bei unserer Aufgabe als Eltern und Pädagogen. Dass Kinder die Zukunft sind, ist heute beinahe schon ein banaler Spruch geworden. Dass er nicht nur wahr ist, sondern uns verpflichtet, uns mehr für eine bessere Welt einzusetzen als bisher, das ist ganz und gar nicht banal. Also: „Gib acht – ein Kind!“

Findet, mit gesegneten Weihnachtswünschen,

Ihr

Bernhard Meffert, Religionslehrer am Raiffeisen-Campus

P.S. Mit diesem Artikel verabschiedet sich die Redaktion der Website in die Weihnachtspause und meldet sich am 2. Januar mit neuen Meldungen zurück.

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